Betriebliche Interessenvertretungen
Hier erfahren Sie…
- … wie betriebliche Interessenvertretungen Mitarbeitende mit chronischer Erkrankung durch Beratung, Vertraulichkeit und Prozessgestaltung unterstützen können.
- … welche konkreten Ansatzpunkte betriebliche Interessenvertretungen haben, um Präsentismus, also Arbeiten trotz Krankheitsgefühl, zu reduzieren. Dazu gehören gesundheitsorientierte Betriebsvereinbarungen, Prävention, klare Kommunikationsregeln und die Stärkung eines wertschätzenden Teamklimas.
Betriebliche Interessenvertretungen sind Schwerbehindertenvertretungen (SBVen), Betriebs- bzw. Personalräte (BR/PR) sowie – in kirchlichen oder karitativen Einrichtungen – die Mitarbeitendenvertretungen (MAV).
Der Hauptfokus der SBVen liegt auf der Förderung der Teilhabe schwerbehinderter oder gleichgestellter Menschen im Betrieb (§ 178 Abs. 1 SGB IX). Die Vertrauenspersonen beraten Mitarbeitende zu ihren behinderungsbezogenen Anliegen und bauen durch persönliche Beratung zu den Mitarbeitenden Vertrauensverhältnisse auf (Heide & Niehaus, 2019).
BR/PR/MAV vertreten die Interessen aller Mitarbeitenden – unabhängig davon, ob sie eine Behinderung oder chronische Erkrankung haben. Durch diese unterschiedliche, aber sich ergänzende Ausrichtung kann im Zusammenspiel eine starke Allianz für Gesundheit, Teilhabe und Inklusion entstehen.
Gesundheit als gemeinsame Verantwortung
Ob Mitarbeitende trotz Krankheitsgefühl arbeiten oder sich krankmelden, hängt stark vom Arbeitsumfeld und von den Rahmenbedingungen im Unternehmen ab. Sowohl Kolleg*innen als auch Führungskräfte können dazu beitragen, dass Mitarbeitende sich nicht unter Druck fühlen und selbstbestimmt entscheiden.
SBV und BR/PR/MAV und die Fachkraft für Arbeitssicherheit sollten aktiv werden und Signale korrigieren, welche im Unternehmen die Anwesenheit und die Arbeitsleistung über die Gesundheit der Mitarbeitenden stellen.
Klare Kommunikation – etwa in Betriebs- oder Dienstvereinbarungen sowie Inklusionsvereinbarungen – schafft Sicherheit und macht sichtbar, welche Werte ein Unternehmen in Bezug auf Gesundheit und Krankheit vertritt (Niehaus et al., 2019).
Expertise und Vertrauen
Die SBV übernimmt eine besonders vertrauliche Beratungsrolle gegenüber schwerbehinderten und gleichgestellten Mitarbeitenden (Heide & Niehaus, 2019). Gerade für Mitarbeitende mit chronischer Erkrankung ist Vertraulichkeit entscheidend. Wenn sie darauf vertrauen können, dass Informationen sensibel und datenschutzkonform behandelt werden, wächst die Bereitschaft, über Belastungen zu sprechen und frühzeitig Unterstützung anzunehmen.
Ambivalenzen erkennen und ansprechen
Manchmal kann Arbeit stabilisierend wirken - sie gibt Struktur, soziale Einbindung und Sinn. Das kann von den Betroffenen positiv erlebt werden. Zugleich birgt Arbeiten unter akuter Krankheit das Risiko, die Genesung zu verzögern und langfristig die Gesundheit zu schädigen. In diesem Zusammenhang sollte auch der Homeoffice-Arbeitsplatz betrachtet werden: Für manche bietet dieser Flexibilität und Entlastung, für andere führt dieser eher zu Überforderung (Niehaus & Schmitz, 2025).
Als SBV und BR/PR/MAV nehmen Sie solche Spannungen wahr und thematisieren sie – im Austausch mit Mitarbeitenden, Arbeitgeber*innen und weiteren Akteur*innen, wie beispielsweise den Inklusionsbeauftragten.
Was können Sie konkret tun?
- Präventionsprozesse und Betriebliches Eingliederungsmanagement aktiv mitgestalten und zugänglich halten
- Vertraulichkeit sichern und Offenlegungsdruck vermeiden
- Klare Vertretungs- und Übergaberegelungen fördern, um Überlastung im Team vorzubeugen
- Kommunikationsregeln verankern: Krankmeldungen respektieren, Genesungszeiten akzeptieren
- Weiterbildung zu Gesundheitsförderung, Inklusion und Teilhabe fördern – gemeinsam mit Führungskräften und Kolleg*innen
Gerne dürfen Sie für Ihre Arbeit die Informationen dieser Website nutzen (als PDF finden Sie die Handlungshilfe hier). Auch finden Sie auf dieser Website verschiedene Arbeitsblätter, die Sie in Ihre Arbeit integrieren und bei Bedarf anpassen können.
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Heide, M. & Niehaus, M. (2019). Der Stellenwert der Schwerbehindertenvertretung in der betrieblichen Inklusion. WSI-Mitteilungen, 72(5), S. 358-364.
Niehaus, M., Heide, M. & Glatz, A. (2019). Von Anfang an zusammen - Handlungsleitfaden für Schwerbehindertenvertretungen in Netzwerken (Mitbestimmungspraxis Nr. 22). Hans-Böckler-Stiftung. https://www.boeckler.de/de/faust-detail.htm?sync_id=HBS-007153
Niehaus, M. & Schmitz, H. (2025). Krank zur Arbeit? – Wie Beschäftigte im Homeoffice entscheiden. Wirtschaftspsychologie aktuell, 3. https://wirtschaftspsychologie-aktuell.de/magazin/personal/krank-zur-arbeit-wie-beschaeftigte-im-homeoffice-entscheiden
Zitation
Niehaus, M., Heide, M., Danner, M., Grupe, C., Knieling, A.-S. & Staufenbiel, K. (2025). Betriebliche Interessenvertretungen. AmiChro – Arbeiten mit chronischer Erkrankung. https://arbeiten-jaodernein.de/perspektive-unternehmen/betriebliche-interessenvertretungen.html