Hier erfahren Sie…

  • … wie anspruchsvoll und kräftezehrend die tägliche Auseinandersetzung mit der eigenen Erkrankung sowie Arbeitssituation ist.
  • … dass es keine richtige oder falsche Entscheidung hinsichtlich der Frage „Heute Arbeiten?" gibt – und sie letztendlich nur die betroffene Person treffen kann.

Leben und arbeiten mit einer chronischen Erkrankung bedeutet eine tägliche Herausforderung. Es kostet Energie, erfordert Flexibilität und immer wieder innere Stärke.

Nicht alles liegt in Ihrer Hand

Das Arbeitsumfeld hat einen großen Einfluss darauf, wie gut sich eine chronische Erkrankung und das Arbeitsleben vereinbaren lassen. Wertschätzung und Unterstützung durch Kolleg*innen oder Führungskräfte können entlasten und dazu beitragen, dass sich Erkrankung und Arbeit miteinander vereinbaren lassen.

Gleichzeitig erleben viele Menschen ein anderes, herausforderndes Umfeld: Offenheit wird mit Skepsis beantwortet, abwertende Haltungen schwingen mit oder es entstehen reale Nachteile. In solchen Strukturen wächst der Druck und die Herausforderungen. Nicht, weil Mitarbeitende „zu sensibel" sind, sondern weil das Umfeld wenig Raum für Offenheit und Flexibilität lässt.

Ihre Arbeitssituation wird durch äußere Umstände geprägt, die außerhalb Ihrer Kontrolle liegen. Diese Erkenntnis kann entlasten, weil sie den Druck nimmt, alles allein „schaffen" zu müssen und gleichzeitig schmerzen, weil sie eigene Grenzen und Handlungsspielräume sichtbar macht.

Mitgefühl und Wertschätzung

Eine hilfreiche – wenn auch nicht allein ausreichende – Stellschraube stellt unser innerer Umgang mit uns selbst dar. Viele Menschen haben gelernt zu funktionieren und empfinden dies als Teil ihrer Identität. Die Diagnose einer chronischen Erkrankung trifft deshalb oft unerwartet und durchbricht dieses vertraute Muster. In dieser Situation kann Arbeit Halt geben, Normalität vermitteln und ablenken. Gleichzeitig entsteht leicht der Wunsch, „weiterzumachen wie vorher". Das kann manchmal die eigenen Kräfte überbeanspruchen.

Es ist anspruchsvoll, die Signale von Körper und Psyche wahrzunehmen und zu akzeptieren. Manche spüren früh, wenn die Energie nachlässt, andere verdrängen Bedürfnisse, um den Alltag zu bewältigen. Oder nehmen eigene Grenzen wahr, sind aber nicht bereit, ihren Alltag danach anzupassen. Andere haben Angst vor Konsequenzen, sollten sie ihre Grenzen nach außen kommunizieren. Diese Reaktionen sind Ausdruck erlernter Erfahrungen, nicht persönlicher Schuld. Es ist sehr herausfordernd, einen inneren Umgang mit der Erkrankung zu entwickeln. Es ist okay, wenn Ihnen das nicht immer gelingt.

Nur Sie können entscheiden

"Diese Entscheidung zu treffen, gehe ich arbeiten oder nicht, ist unglaublich schwer und man hat, egal wie man sich entscheidet, immer das Gefühl, es war falsch." - Teilnehmer*in der Studie

Auch wenn es sich falsch anfühlen kann, gibt es keine „richtige" oder „falsche" Entscheidung. Es ist enorm herausfordernd, energieintensiv und verdient Respekt

  • sich Tag für Tag neu entscheiden zu müssen,
  • den eigenen Zustand abzugleichen mit den aktuellen Arbeitsbedingungen,
  • abzuwiegen, was es heute zu priorisieren gilt,
  • wie die kurz- und langfristigen Konsequenzen aussehen werden.

Schätzen Sie sich selbst und Ihre Entscheidung wert.

In dem Artikel „Mein täglicher Balanceakt" gehen wir genau darauf detaillierter ein.

Es ist okay…

  • … sich mit der Entscheidung schwer zu tun.
  • … sich krank zu melden, auch wenn Kolleg*innen Mehrarbeit haben.
  • … Angst zu haben, offen über die Erkrankung zu sprechen.
  • … trotz Krankheitsgefühl zu arbeiten, wenn es sich richtig anfühlt.
  • … eine Entscheidung zu treffen – und sie später anders zu bewerten.

Am Ende ist es Ihre persönliche, individuelle Entscheidung. Nehmen Sie ernst, was Ihnen Ihr Körper, Ihre Psyche und Ihre innere Stimme heute sagen. Vertrauen Sie sich selbst.

Sie sind nicht allein!

"Diese Entscheidung zu treffen ist für alle chronisch Erkrankten, die ich kenne, eine unglaublich schwere Entscheidung, die ganz, ganz viele Einflüsse hat und wo es Mut braucht, die Entscheidung zu treffen." - Teilnehmer*in der Studie

Viele Menschen mit chronischer Erkrankung kennen genau diese tägliche Herausforderung. Es gibt keine perfekte Lösung, keine „richtige" Entscheidung. Ein Austausch mit anderen kann jedoch dabei helfen, neue Perspektiven und Ideen für sich zu entwickeln. Dazu finden Sie unter „Selbsthilfeverbände" sowie „Anlaufstellen für Mitarbeitende" mögliche neue Netzwerke.

Zitation

Niehaus, M., Heide, M., Danner, M., Grupe, C., Knieling, A.-S. & Staufenbiel, K. (2025). Mich wertschätzen. AmiChro – Arbeiten mit chronischer Erkrankung. https://arbeiten-jaodernein.de/perspektive-mitarbeitende/mich-wertschaetzen.html